· 

Glaubenssätze in der Erziehung transformieren

Mein Kind hat mich voll im Griff

Mit the Work Glaubenssätze in der Erziehung transformieren

 

Wir alle haben viele Glaubenssätze über uns, unsere Kinder und Erziehung allgemein verinnerlicht. Das macht uns das Leben oft ganz schön schwer: wir hadern, zweifeln, sind wütend, suchen Schuldige und vieles mehr. Ich möchte Ihnen heute zeigen, dass es auch anders geht. Die Methode the Work ist eine großartige Hilfe dabei. Prinzipiell ist the Work etwas, das man selber tun muss. Niemand kann es einem wirklich abnehmen. Trotzdem kennen wir alle unseren inneren Schweinehund, der uns oft genug von den Dingen abhält, die uns guttun – auch vom Worken. Eine Mischung aus Versagensangst, äußeren Beschäftigungen und Ego-Beschwichtigungen hindert uns daran. In diesem Fall kann es sehr hilfreich sein, jemand anderen damit zu beauftragen für einen zu worken und es dann einfach zu lesen. 

 

Heute möchte ich eine Work, die ich für eine Klientin geschrieben habe, mit Ihnen teilen (natürlich mit ihrer Einverständnis). 

 

Die Situation, auf die meine Klientin worken will ist Folgende:

Es ist Donnerstag Abend, 19:30 Uhr. Sie bringt ihren vierjährigen Sohn Max ins Bett. Sie und Max sind alleine im Kinderzimmer. Max soll eigentlich schlafen und bittet sie jetzt darum, ihm noch einen Apfel zu holen. Ihr gehen viele Gedanken durch den Kopf. Einer davon ist: „Max hat mich voll im Griff.“ Darauf werde ich heute für sie worken. Ich versetze mich ganz in sie und die Situation hinein und schreibe aus ihrer Perspektive: 

 

Max  hat mich voll im Griff

 

1.     Ist das wahr?

 

Zuerst will ich bejahen. Ich habe keine Lust, wieder aufzustehen. Aber wenn ich es nicht tue, macht Max bestimmt ein furchtbares Theater. Er erpresst mich quasi. Und ich habe so große Angst vor seiner Wut, dass ich mich erpressen lasse. Also stimmt es schon irgendwie.

Aber wenn ich tiefer gehe, dann erkenne ich, dass es nicht stimmt. Er ist ein kleines Kind. Unschuldig. Die ehrliche Antwort auf die Frage ist Nein

 

(Anm.: Wenn die Antwort auf die erste Frage Nein lautet, geht man gleich zur dritten Frage über).

 

3.     Wie geht es mir, wenn ich glaube, Max hat mich voll im Griff?

 

Ich schaue ihn an und bin so wütend und genervt. Ich kümmere mich so gut um ihn und er kriegt nie genug. Er nutzt mich aus. Er kontrolliert mich. Ich muss immer tun, was er will. In mir wird alles eng. Ich fühle mich komplett unfrei. Ich kann nicht selber entscheiden, was ich tun möchte. Mein Bauch und meine Brust werden ganz eng. Meine Schulter ziehen sich zusammen. Ich fühle mich komplett fremdbestimmt. Ich gerate unter Druck und sehe keinen guten Ausweg. Wenn ich den Apfel hole, dann stehe ich nicht zu mir selber und er gewinnt mal wieder. Aber wenn ich ihn nicht hole führt er sich so furchtbar auf. Und dann sag oder tue ich etwas, was ich gar nicht will. Ich brülle ihn an, ich schimpfe und spreche Strafen aus. Und danach fühle ich mich wie die schlimmste Mutter aller Zeiten. Es fühlt sich ausweglos und hoffnungslos an. Ich sehe Bilder, wie Max mich früher schon voll im Griff hatte. Ich sehe alle möglichen Szenen, wo er mich dazu gezwungen hat, meine Grenzen zu überschreiten. Und ich sehe Bilder in der Zukunft. Ich sehe, wie er vollkommen verzogen ist. Ein Rotzlöffel, der alle nur ausnutzt oder gar ein Narzist, wenn er Erwachsen ist. Er wird im Leben versagen, weil ich ihm nicht beigebracht habe, auf Andere einzugehen. Er will immer nur seinen Willen durchsetzen. Und ich sehe mich selber, wie ich überhaupt keine Kontrolle habe. Wie alles, was ich tue, von Max bestimmt wird. Wie er mich kontrolliert. Ich erinnere mich an all die Bücher, die ich gelesen habe, dass der Erwachsene die Führung  übernehmen muss. Ich fühle mich schuldig, unfähig, klein, als Versagerin. Ich kriege es einfach nicht hin. Ich schaffe es nicht, einen guten Weg zu finden und dadurch zerstöre ich mein Kind. Ich mache alles kaputt. Das Einzige, was wirklich wichtig ist in meinem Leben, setze ich komplett in den Sand. Ich fühle mich schuldig, schrecklich. Ich bleibe in dem Gefühl. Ich lade es ein, zu kommen. Ich blicke es an. Laufe nicht weg. Es fühlt sich schrecklich an. Ich habe Angst, dass es nie wieder weg geht. Ich halte es aus. 

Wenn ich glaube, dass Max mich voll im Griff hat, dann urteile ich über ihn und über mich. Wir sind beide furchtbar. Ich sehe uns im schlechtesten Licht. Ich behandle mich selber wie eine Schwerverbrecherin. Wie eine Totalversagerin. Ich schäme mich, fühle mich so, so schuldig. Ich behandle Max, als wäre er falsch, so wie er ist. Ich bin wütend auf ihn, fühle mich von ihm kontrolliert. Ich hasse ihn richtig. Ich gebe ihm die Schuld, dass ich als Mutter immer wieder versage. Wenn er sich einmal normal benehmen würde, dann würde ich auch nicht so sauer werden. Ich wünschte, er wäre anders. Einfacher. Ich fühle mich vom Leben benachteiligt. Warum habe ausgerechnet ich so ein furchtbar anstrengendes Kind? Andere Menschen haben doch auch normale Kinder. Wegen Max stehe ich vor allen anderen Eltern immer da, als könnte ich gar nichts. Aber wahrscheinlich bin ich schuld. Ich habe schon so oft versagt in seinem Leben, dass er wegen mir so geworden ist. Alles in mir zieht sich zusammen. Es tut so weh. 

Ich frage mich, warum ich das glauben will, dass Max mich voll im Griff hat. Dabei erkenne ich, dass ich dann das Opfer bin. Er hat mich im Griff. Das heißt, ich bin unschuldig. Ich kann nichts dafür, dass die Situation so ist, wie sie ist. Ich sehe das kleine Kind in mir, das sich einfach nur danach sehen, geliebt zu werden, nicht verurteilt zu werden, unschuldig zu sein. Deshalb will ich unbedingt Opfer sein. Und deshalb meine ich, einen Schuldigen zu brauchen. Um ihm die ganze Verantwortung aufzubürden und mich zu entlasten. 

Der Gedanke, dass Max mich im Griff hat, bringt mir nichts Positives. Nur Schmerz. Unser ganzes Leben wird dann wertlos. Ich sehe nichts Schönes darin. Wir beide versagen in allen wichtigen Punkten. Der Gedanke führt mich in tiefe Abgründe. Aus Schuld, Versagen, Angst, Trennung. Dort will ich nicht leben. Ich fühle all diese Schwere. Lasse sie zu. 

 

4.     Wer bin ich ohne den Gedanken, dass Max mich voll im Griff hat?

 

Ich bin im Bett mit meinem Kind. Ich sehe, wieviel Energie er hat. Wie er von einem Bett ins andere wechselt. Ich blicke ihn an. Sehe seine wunderschönen Augen. Sein süßes kleines, unschuldiges Kindergesicht. Die runden Bäckchen, die kleine Stupsnase. Ich spüre die Matratze unter meinem Rücken. Ich fühle die Müdigkeit in mir. Ich höre seine Stimme, wie er um einen Apfel bittet. Ich erinnere mich, dass er gestern auch einen Apfel von mir bekommen hat, vor dem Schlafen. Danach hat er sich sofort ins Bett gekuschelt und ist ganz schnell eingeschlafen. Ich spüre wieder die Geborgenheit und Gemütlichkeit dieser gestrigen Situation. Ich spüre die Liebe, die da zwischen uns ist. In mir steigt Freude auf. Max hat sich gestern wohl ähnlich gefühlt, wie ich und wünscht sich das für heute wieder. In mir ist so unendlich viel Liebe für ihn. Ich erkenne, wie sehr er sich bemüht, diese harmonische Stimmung von gestern wieder zu erschaffen. Ich lächle, als ich erkenne, dass er deshalb den Apfel will. Wir beide sind einfach da. Zwei Menschen. Vollkommen unschuldig. Voller Liebe. Verbunden. 

 

Zum Abschluss schaue ich, wie man den ursprünglichen Gedanken umkehren kann. Ich finde folgende Umkehrungen:

 

Max hat mich nicht voll im Griff: (Umkehrung ins Gegenteil)

 

  • Max kann mich gar nicht im Griff haben. Ich bin ein erwachsener Mensch und kann über alles, was ich tue, selbst entscheiden.
  •  Ich bin der Einzige, der entscheidet, ob ich einen Apfel hole oder nicht. Und Raphael ist der Einzige der entscheidet, wie er auf meine Entscheidung reagiert.
  • Max bittet mich lediglich um etwas, nichts weiter. Und vielleicht schreit er, wenn er es nicht bekommt. Sonst nichts. Das hat eigentlich nichts mit mir zu tun.

 
Ich bin vollkommen frei: (Umkehrung ins absolute Gegenteil)

  • Ich kann jederzeit entscheiden, ob ich den Apfel holen will oder nicht.
  • Ich kann entscheiden, wie ich die Situation bewerte und welchen Gedanken ich Glauben schenken will.
  •  Ich kann entscheiden, welche Mutter ich sein will. 

 
Meine Gedanken haben mich voll im Griff: (Umkehrung zu mir)

  • Oh ja, das stimmt auf jeden Fall. Sie lassen mich glauben, mein Kind wolle mich kontrollieren, dabei will es nur einen Apfel.
  • Sie lassen mich glauben, ich sei eine schlechte Mutter nur weil ich nicht in jeder Situation die perfekte Lösung parat habe.
  • Sie lassen mich an meinem Kind zweifeln, nur weil es eine Bitte äußert.
  •  Sie gaukeln mir eine düstere Welt vor, obwohl wie beide es gerade wunderschön haben, allein oben im Bett.

 
Ich habe Max voll im Griff: (Umkehrung der Personen)

  • In Wirklichkeit ist Max das Kind. Ich kontrolliere unglaublich viel von dem, was er tut. Dass er jetzt schlafen soll, dass er mit mir ins Bett gehen soll, dass er Zähne putzen soll usw.
  • Ich kann darüber entscheiden, ob Max seinen Apfel von mir bekommt oder nicht.
  • Max spiegelt (wie alle Kinder) das was ich tue. Damit haben meinen Handlungen und Gedanken ihn und sein Verhalten im Griff. 
  • Max ist meiner Art der Erziehung und der Stimmung in unserer Familie ausgesetzt. Damit habe ich sein Wohlbefinden, seine ungestörte Entwicklung, sein ganzes momentanes Leben voll im Griff.

 

Max darf mich im Griff haben. (Umkehrung mit dürfen)

  • Es wird nichts Schlimmes passieren, wenn ich ihm einen Gefallen tue.
  • Es ist ok, dass er auch mal entscheidet. So oft muss er tun, was ich oder sonst jemand von ihm will. Zähneputzen, schlafen gehen, nicht mehr Fernsehschauen, keine Süßigkeiten mehr essen, in den Kindergarten gehen und soviel mehr. Kinder sind ständig fremdbestimmt.
  • Es ist in Ordnung, dass er gut für sich selber sorgt. Wenn er Hunger hat oder gut einschlafen will, ist es nur gesund, dass er darum bittet. Hoffentlich behält er sich das Bitten-können bei. Viele Erwachsene machen sich selbst das Leben schwer, weil sie sich nicht um Hilfe zu bitten trauen.
  •  Ich bin seine Mama, wenn ich ihn nicht ein bisschen verwöhnen darf wer dann? Er wird noch so viel selber machen müssen. 
  •  Es fühlt sich liebevoll ihm gegenüber und mir gegenüber an, ihm einen Gefallen zu tun. Einfach uneigennützig etwas Nettes für mein Kind zu tun. Ich tue es für ihn und für mich selbst. Es macht uns beide glücklich. 
  •  Max lernt, dass seine Wünsche wichtig sind. Dass er etwas bewirken kann. Dass es ok für ihn ist, einen eigenen Willen zu haben. Er kann sich dadurch bewusst werden, was er will und was wichtig für ihn ist. So entsteht Selbstwertgefühl. Er selbst, seine Bitten und Wünsche sind es wert, gehört zu werden. 
  •  Ich darf mich dem Leben hingeben. Ich muss nicht alles im Griff haben. Ich darf einen Apfel holen, ohne mir darüber den Kopf zerbrechen zu müssen. Max zeigt mir, was ich gerade tun soll. 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Schreiben Sie mir eine WhatsApp, wenn wir auch für Sie auf Ihr Problem worken sollen oder buchen Sie  unsere Wochenbegleitung per WhatsApp.

Melden Sie sich unter 0151/12524009 oder unter Kontakt@Gedankenlichtung.de

 

Liebe Grüße,

Monika Bernbacher von GedankenLichtung

Kommentar schreiben

Kommentare: 0